Zeit zwischen Präsident und Direktor

Theodor Fontanes kunstakademisches Zwischenspiel

Vortrag von Dr. Gabriele Radecke beim Fontane-Kreis Leipzig am 15. Februar 2023

von Henner Kotte

Auf Seite eins hatte die Vossische Zeitung die Neubesetzung des vakanten Postens des „ersten ständigen Sekretair der Königlichen Akademie der Künste“ in Berlin vermeldet: Theodor Fontane. Mit Verve und der Zustimmung seiner Frau hatte der 56-jährige Schriftsteller das behördliche Angebot angenommen, verdreifachte sich doch auch im Staatsdienst sein Salär. Doch verhinderten die damit verbundenen verwaltungstechnischen Verpflichtungen von Protokoll bis Baugeschehen Fontanes kreative Mitarbeit. Mehr noch war der Sekretär zwei ambitionierten Vorgesetzten unterstellt: Akademiepräsident und Architekt Friedrich Hitzig und dem Direktor der Akademie für die bildenden Künste, Historienmaler Anton von Werner. Fontane ahnte, dass er „in eine ziemlich arge Fehde werde hineingestellt werden“. Nach wenigen Wochen legte der ständige Sekretär seinen Posten nieder, musste aber noch gut ein halbes Jahr weiter wirken. Theodor Fontane resümierte: „Es war so ziemlich meine schlechteste Lebenszeit.“

Gabriele Radecke bei ihrem Vortrag in Leipzig. Foto: Petra Hesse

Über diese wenig bekannte Episode im Leben des Literaten berichtete im Fontane-Kreis zu Leipzig Frau Dr. Gabriele Radecke, die als Leiterin des Literaturarchivs der Akademie der Künste und autorisierte Fontane-Rechercheurin neue Dokumente einsah und Parallelen u.a. zu Franz Fühmann deutlich machte. Im Veranstaltungssaal „Huldreich Groß“ der Stadtbibliothek folgten ihrem lebendigen Vortrag eine beeindruckende Zahl von Gästen, was dieser kulturerschwerten Zeiten Hoffnung gibt. Die Einladung zu einem Besuch des Berliner Literaturarchives ward am Ende ausgesprochen und wird von einer Vielzahl der Besucher gerne angenommen werden.

One comment

  1. Helma Schaefer says:

    Vielen Dank für das Resümee zum interessanten Vortrag über die kurze Akademie-Tätigkeit Von Theodor Fontane. Besonders anregend war, dass die literarhistorischen Tatsachen mit den eigenen Archiverfahrungen der Berliner Referentin verbunden wurden. Helma Schaefer

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