Lesung aus Theodor Fontane Meine Kinderjahre am 7. Oktober 2020 in Leipzig
Nach einer langen Corona-Pause durfte der Fontane-Kreis Leipzig endlich wieder am 7. Oktober 2020 zu einer Veranstaltung in die Leipziger Stadtbibliothek einladen. Und dieses Mal weiträumig voneinander entfernt im Oberlichtsaal (300 Personen umfassend, nun aber augenblicklich nur 60!), aber doch freundlich verbunden mit Fontane, der nun endlich wieder zu Wort kam. Dass er in den letzten Monaten sehr vermisst wurde, stellte ich bei vielen Begegnungen und Gesprächen erfreut fest. Nun war auch zu erwarten, dass das Interesse groß war und leider nicht alle Fontane-Freunde dabei sein konnten.
Die Entstehungsgeschichte von Meine Kinderjahre passt in unsere gegenwärtige Situation.
Im Winter 1891/92 geriet Fontane nach einer glücklich überstandenen Influenza in eine schwere gesundheitliche Krise, die ihn auch am Weiterschreiben des Romans Effi Briest abhielt. Nun war es der kluge Hausarzt Wilhelm Delhaes, der Fontane riet das Manuskript von Effi Briest beiseite zu legen und sich der eigenen Kindheit zu erinnern und diese aufzuschreiben. So entstand der autobiografische Roman Meine Kinderjahre, der bereits 1893 im Verlag des Sohnes Friedrich Fontane erscheinen konnten. Und er schrieb sich an diesem Buch wieder gesund, wie er in seinem Tagebuch vermerkte.
Die Leipziger Schauspielerin Sibylle Kuhne hatte eine klug gekürzte einstündige Fassung dieser reizvollen und anekdotenreichen Geschichte vorbereitet. In feinen Nuancen traf sie mit ironischer Brillanz den Fontaneton. Mit kleinen Erläuterungen und Anmerkungen erklärte sie wie nebenbei Zusammenhänge oder Biographisches zu den Personen, so dass diese Stunde in wahrer Freude vom Publikum genossen wurde. Dankbar verabschiedete sich Sibylle Kuhne vom Publikum, das sich ebenfalls herzlich und mit großem Applaus bedankte.