Ein Vortrag von Klaus-Peter Möller, Theodor-Fontane-Archiv Potsdam, in der Leipziger Stadtbibliothek am 19. Oktober 2022
von Lutz Hesse
Klaus-Peter Möller ist gern gesehener Gast im Fontane-Kreis Leipzig. Der Einladung in die Stadtbibliothek waren etwa 50 Fontaneliebhaber gefolgt. „Der Pazifismus ist da!“ Sehr anschaulich beschreibt Möller zunächst die vorhandene Literatur in der Geschichtsschreibung, aber auch über die literarischen Reflexionen. Er spricht von der „Blutspur des Grauens“ bei Caesar in De bello gallico, über die Darstellung des 30-jährigen Krieges bei Grimmelshausen bis zu Christa Wolfs Kassandra und Daniel Kehlmanns Tyll, um dann Fontane als Militärhistoriker zu kennzeichnen, der bereits 1864 bezeugt: „Der Krieg ist längst zu einer Wissenschaft des Tötens geworden und die Erfolge, beispielsweise der verheerenden Schusswaffe, müssen dementsprechend mit nüchtern–wissenschaftlicher Gerechtigkeit festgestellt werden, wie wenig diese Art Wissenschaftlichkeit unserer Empfindung gerecht werden mag.“
Trotz der intensiven Auseinandersetzung Fontanes mit dem Thema Krieg – immerhin umfassen seine 6 Bände Kriegstagebücher 4.000 Seiten – waren sie zu seinen Lebzeiten bei seinen Zeitgenossen von geringem Interesse und haben bis heute eher einen geringen Stellenwert gemessen am Gesamtwerk Fontanes. Für ihn selbst schien dieser Umstand enttäuschend und verwunderlich, denn die erhoffte Aufmerksamkeit und dadurch die finanzielle Anerkennung durch den preußischen Staat blieb aus. In einem Brief an Mathilde von Rohr vom 30.11.1876, den Möller ausführlich zitiert, macht er seiner Enttäuschung Luft. Darin heißt es : „… Für ein einziges niederländisches Genrebild sind 140.000 Francs gezahlt worden und wenn man will, so fliegt das Geld nur so. Mir gegenüber wollte man einfach nicht. Eh bien, es muss auch so gehn. Aber freilich hat es mehr zu meiner Erbitterung als zu meiner Erbauung gedient.“ Für Fontane scheinen die Kriegstagebücher von immenser Wichtigkeit gewesen zu sein und Möller weist in seinem Vortrag darauf hin, dass diese Kriegstagebücher in einer Umbruchzeit geschrieben worden. Die Bände waren für Fontanes späteres Schreiben grundlegend.
Möller wendet sich dem Alterswerk Fontanes Der Stechlin zu. Darin beschreibt Fontane ebenfalls eine Zeit des Umbruchs. Präzise und wissensreich nimmt Möller in seinem Vortrag Parallelen aus der englischen Geschichte zur Hand und verdeutlicht daran die Gefahr für den preußischen Adelsstand. (Karl I. und seine Auseinandersetzungen mit dem englischen Parlament – Das Alte gegen das Neue.) Nicht nur Der Stechlin dient Möller als Beweis für den Perspektivwechsel bei Fontane in der Bewertung von gesellschaftlichem Wandel, politischem System, Adel, Revolution, Herrschaft. Möller nennt auch andere Werke wie Schach von Wuthenow oder L`Adultera. Während Lew Tolstoi und Bertha von Suttner in ihren Werken diese Haltung offen aussprechen und dadurch eine gewaltige gesellschaftliche Diskussion über Krieg und Pazifismus anstoßen, ist Theodor Fontane verhaltener bei diesem Thema. Das macht es dem heutigen Leser seiner Werke schwer Fontanes Haltung zu verstehen. Möller macht auf diese Ambivalenz aufmerksam. Sein Vortrag – ein intellektuelles Vergnügen.
«Theodor Fontane als Kriegshistoriker und als Romanschriftsteller»
Klaus-Peter Möller, Theodor-Fontane-Archiv Potsdam
in der Leipziger Stadtbibliothek am 19. Oktober 2022
Theodor Fontane berichtet in seinem Buch «Der Krieg gegen Frankreich 1870 – 1871» Band 4, Der Krieg gegen die Republik, vom Grenzübertritt der französischen Ostarmee unter General Charles Denis Sauter Bourbaki auf Schweizer Gebiet.
Zu jenem Ereignis gibt es in Luzern das Bourbaki-Panorama es zeigt auf 112 m Länge und 10 m Höhe eindrücklich die Internierung der französischen Ostarmee vom 1.- 3. Februar 1871 bei Les Verrières an der französisch-schweizerischen Grenze.
Dem Gemälde vorgelagert ist ein plastisch gestaltetes Gelände, das die ganze Szenerie dreidimensional zur Geltung bringt.
https://www.bourbakipanorama.ch/museum/besuch/