Vortrag von Klaus-Peter Möller im Fontane -Kreis Leipzig am 10. Oktober 2018
Text: Christine Klein
Foto: Petra Hesse
Viel ist schon gesagt worden über Fontanes Werke, dennoch können Dank geduldiger Forschungsarbeit neue literaturhistorischer Erkenntnisse dem staunenden Publikum vorgestellt werden.
Die Arbeit von Klaus-Peter Möller (Fontane-Archiv Potsdam) konnte Erstaunliches zur Entstehunsgeschichte des Romans Frau Jenny Treibel zu Tage fördern!
Im Jahr 1881 hat Fontane das von Otto Franz Gensichen geschriebene Lustspiel Die Märchentante als Theaterkritiker gesehen.
Wer war Otto Franz Gensichen?
Laut Referenten soll es entfernte verwandtschaftliche Beziehungen zu Fontanes Familie gegeben haben, er hat im Hause Fontane verkehrt und ist zunächst als „armer Poet“, in den Genuss von Ehrengaben der Deutschen Schillerstiftung gekommen. Die Stiftung, die zu den ältesten bürgerschaftlich organisierten Fördereinrichtungen gehört, hat auch Fontane seit ihren Anfängen unterstützt.
Wohlwollend beurteilt Fontane das Theaterstück in seiner Besprechung „Anlage, Bau und Charakterzeichnung“ und die allgemeine Tendenz des Stückes: in reichem Hause die prosaisch-äußerliche Welt von Reichtum und Geschäft und die poetisch – innerliche Welt von gegenseitiger Zuneigung und Verständnis geprägt. Natürlich erweist sich in dem romantischen Kosmos des Bühnenautors die poetische Welt als die siegreiche!
Herr Möller konnte schlüssig darlegen, dass das Stück Die Märchentante Fontane angeregt hat, eines seiner erfolgreichsten Bücher zu schreiben. Der Gegensatz zwischen romantischer poetischer Schwärmerei, und dem prosaischen Streben des immerwährenden, freudvollen Gelderwerbs in der neureichen, bourgeoisen Gesellschaft wurde von Fontane in seiner Protagonistin Jenny Treibel, geb. Besenbinder wunderbar und auch für nachfolgende Generationen nachvollziehbar gezeichnet. Bei Fontane siegt der Pragmatismus über die Poesie, romantische Gefühle sind für die Aufsteiger (z.B. Frau Kommerzienrat Treibel) nur als „Kulturprogramm“ bei gesellschaftlichen Anlässen vorgesehen und dürfen die vermeintlich wohlfeile Ordnung nicht stören:
Glück, von allen Deinen Losen,
eines nur erwähl´ ich mir,
Was soll Gold? Ich liebe Rosen
und der Blumen schlichte Zier.
Der Referent hat in der angekündigten launigen Art über seine Forschungsergebnisse berichtet, nachvollziehbare literaturhistorischen Schlüsse gezogen und dem Publikum einen unterhaltsamen Abend bereitet.
klingt gut. Aber ich würde mir – wie bereits erwähnt – mehr digital zugängliche Vorträge wünschen. Nicht jeder ist im Umkreis ansässig und verpasst so alles.
Christine Geist hat recht, ich will versuchen, eine Text-Version herzustellen und als Aufsatz in den Fontane-Blättern zu publizieren, was mir auch geboten scheint, um Mißverständnissen vorzubeugen. Meine Vortrags-Manuskripte sind leider meist derartig, dass ich sie lieber nicht kursieren lassen möchte. Bitte haben Sie Verständnis und noch ein wenig Geduld. Gesagt werden müsste vielleicht noch, dass der Vortrag an dem Abend eigentlich nur ein Ersatzprogramm war, weil der langfristig geplante Vortrag über Fontanes Tätigkeit für den Berliner Zweigverein der Deutschen Schillerstiftung aufgrund einer Erkrankung meines Koreferenten abgesagt werden musste. Der Vortrag über Gensichens „Märchentante“ als Vorlage für Frau Jenny Treibel war für den Fontane-Tag in Zeuthen im Frühjahr dieses Jahres geschrieben. Er ist für 2019 noch einmal von der Berliner Sektion angefragt.