Köpenick, Königs Wusterhausen und Mittenwalde: drei denkwürdige Orte preußischer Geschichte.

Text und Fotos von Emil Thomas

Die Schlösser in Köpenick und Königs Wusterhausen gehören im
Reigen der preußischen Schlösser um Berlin zu jenen, die an Reputation
und Glanz weit hinter den repräsentativen Bauten wie etwa Sanssouci, Neues
Palais oder Charlottenburg zurückstehen. Hier, abseits des politischen und
protokollarischen Zwanges, lebte man derb-rustikal und fand sein Vergnügen eher in
geselliger Runde als in höfischer Eleganz. Später standen die Schlösser Jahrzehntelang
leer oder fanden als Witwensitze Verwendung.

Hingegen ist das in der Nähe von Königs Wusterhausen liegende
Mittenwalde ein Ort des Gedenkens an einen großen Kirchenmann, dessen
unbeugsames Bekenntnis ihn unter dem Großen Kurfürsten Amt und Würden kostete: Paul
Gerhardt. Sein Denkmal lebt in seinen Liedern fort, die in meisterhafter
Sprache fröhliches Gottvertrauen und tröstliche Zuversicht widerspiegeln. – Doch
steht noch eine weitere Persönlichkeit in Beziehung zu Mittenwalde: General York von Wartenburg,
der in der nach ihm benannten Straße ein Haus baute, das heute als „Hotel
York“ sein Andenken bewahrt. Diesen Orten wollen wir uns nachfolgend
zuwenden.

Unser erstes Ziel ist Köpenick: Hier steht
das Schloss im Mittelpunkt unseres Interesses. Seine jetzige Form erhielt es 1682 zurzeit des Kurprinzen
Friedrich, Sohn des Großen Kurfürsten und späteren Königs Friedrich I. in Preußen. Folgt
man Fontanes Vermutung, zog der Kurprinz noch vor Fertigstellung des
Schlosses ein, weil er seiner Stiefmutter, Dorothea, geborene Prinzessin von
Holstein-Glücksburg, zutiefst misstraute. Er verdächtigte sie, ihm sein Erbteil zu Gunsten
ihrer eigenen Söhne streitig machen zu wollen, ja glaubte sogar, um sein Leben fürchten zu
müssen. 1638 starb seine Gemahlin, Elisabeth Henriette, geb. Prinzessin von
Hessen. In zweiter Ehe heiratete er Sophie Charlotte von Hannover – die „philosophische
Königin“. Doch dieser gefiel Köpenick nicht und so siedelte man um nach Charlottenburg.

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Schloss Köpenick

Dem heutigen Besucher zeigt sich das inzwischen restaurierte Schloss in blendend weißem Anstrich. Der Haupteingang führt durch ein prächtiges Mittelrisalit mit reich ornamentiertem Giebelfeld. Und die bereits von Fontane beschriebene Balustrade auf dem Dach ist ebenfalls noch vorhanden. Das Schloss beherbergt heute das Kunstgewerbemuseum „Raumkunst“ mit Exponaten aus der Zeit
der Renaissance, des Barock und des Rokoko. Die Exponate stammen aus
unterschiedlichen Schlössern und zeigen in vorzüglichem Ambiente die gehobene Wohnkultur ihrer Zeit.

Das nach Auszug des Kurfürstenpaares verwaiste Schloss erwachte
erst wieder unter dem „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I. zu neuem Leben. Er
machte daraus ein Jagdschloss und lud zu großen und nicht immer ungefährlichen
Jagden ein. Dabei galt es „für guten Ton, Gefahren mehr aufzusuchen als zu
vermeiden“, berichtet Fontane. Nicht selten kam es dabei zu schweren Jagdunfällen.
Selbst der König wurde auf einer dieser Jagden „stark verwundet und würde sein
Leben eingebüßt haben, wenn ihm nicht einer seiner Jäger rechtzeitig
beigesprungen wäre; das war am 15. Januar 1729“.

Sein Nachfolger, Friedrich II., nutzte das Schloss nicht.
Verband ihn damit doch nicht weniger als die Erinnerung an jenen denkwürdigen 28. Oktober
1730, als hier das Kriegsgericht zusammen trat, um über den Leutnant Katte und den „desertierten Obristleutnant Fritz“ Gericht zu halten. Diese denkwürdige Verhandlung fand im so genannten „Wappensaal“ statt. Fontane bemerkt zu diesem Raum: „unter den vielen Sälen des Schlosses ist er nicht nur der historisch interessanteste, sondern auch dadurch vor allen anderen bemerkenswert, dass er in seiner Einrichtung und Ausschmückung weder bedeutend gelitten hat, noch (…) seine Vorzüge verborgen hält“. Offenbar war zur Zeit Fontanes das Schloss unbewohnt und
nicht in bestem Zustand. Der Wappensaal zeigt sich so, wie ihn Fontane
beschrieb: Die Wappenschilde aller preußischen Länder, von Karyatiden
getragen, reihen sich in bunter Folge um die Wände. Über den Kaminen sind alle Länderwappen der preußischen Staaten auf einem helmbekrönten Schild detailreich modelliert. Ausladende Stuckarbeiten schmücken die Decke und umrahmen ein allegorisches Gemälde. Der große Esstisch in diesem Saal ist mit dem prunkvollen Porzellanservice eingedeckt, das Friedrich der Große bei der Königlichen Porzellanmanufaktur für das Schloss in Breslau in Auftrag gab. Doch an die
denkwürdige Kriegsgerichtssitzung, die am 28. Oktober 1730 in diesem Raum stattfand und dessen Urteil vom König verworfen wurde, weist
keine Tafel hin, ein Mangel, an dem Fontane bereits Kritik übte.

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Wappensaal: Wappen von Magdeburg und Kleve

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Wappensaal: Detail aus dem Deckenstuck

Unter den
weiteren Besitzern des Schlosses verdient Graf Friedrich Wilhelm Karl von Schmettau hervorgehoben zu werden. Dieser Graf stand in
einem engen Vertrauensverhältnis zu Friedrich II., der ihn zum Adjutanten
seines jüngsten Bruders Ferdinand ernannte. Graf Schmettau erwarb das Schloss nach
22-jährigem Leerstand 1804. Nachruhm erwarb er sich als Kartograph und Kartenzeichner.
Von ihm stammt u. a. die bekannte „Schmettausche Karte“, deren vollständiger
Name „ Tableau aller durch den Königlich Preußischen Obersten Grafen von Schmettau
von 1767 bis 1787 aufgenommenen und zusammengetragenen Ländern“ lautet. Das
Kartenmaterial befindet sich in den Staatlichen Museen Berlin. – Doch nur zwei
Jahre konnte sich der Graf seines neuen Besitzes erfreuen; er erlag am 18. Oktober
1806 seiner schweren Verwundung, die er vier Tage zuvor in der Schlacht bei Auerstedt
erhielt.

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Schlosskapelle Köpenick

Gegenüber dem Schloss steht die ebenfalls vollständig restaurierte Schlosskapelle, in deren Gruft Henriette Marie, geborene Prinzessin von Brandenburg-Schwedt, vermählte Erbprinzessin und Herzogin von Württemberg und Teck, beigesetzt ist. Henriette Marie wurde mit 14 Jahren verheiratet und mit 29 Jahren bereits Witwe. 1749 wurde ihr Schloss Cöpenick als Witwensitz zugewiesen. Die letzten 32 Jahre ihres bewegten Lebens bewohnte sie das Schloss und starb 1782. – Ein
Gang durch den schönen Schlosspark mit seinen uralten Bäumen,
gepflegten Wegen und Bachläufen sollte nicht versäumt werden.

Gut 10 km südlich von Köpenick liegt Königs Wusterhausen. Die vormalige, hier gelegene markgräfliche Burg, hatte etliche Vorbesitzer, bis sie
1683 König Friedrich I. erwarb, der sie 1698 seinem erst zehnjährigen Sohn, dem
späteren König Friedrich Wilhelm I., schenkte. Dieser exerzierte hier schon als Knabe
seine adligen Altersgenossen und ließ solchermaßen bereits frühzeitig seine Leidenschaft für
das Soldatische erkennen. Später kam noch eine zweite Passion dazu,
die Parforcejagd. Dazu ließ er das Anwesen nach seinen eigenen Vorstellungen zu
einem Schloss umbauen. Der mittige Rundturm wurde Treppenturm, von wo aus eine
Mauerlinie das Schloss in zwei gleiche Hälften teilt. Jede Gebäudehälfte
erhielt einen eigenen Spitzgiebel, so dass der Eindruck zweier Häuser, die durch einen
Rundturm verbunden sind, entstand. Aber auch die Anordnung der Räume und ihre
Bestimmung entsprechen weitgehend noch den Beschreibungen Fontanes. Die zum
Teil aus Leihgaben bestehende Möblierung bezieht sich auf die Zeit
Friedrich Wilhelms I.

Fontane bemerkt: „Königswusterhausen ist vielleicht mehr als
irgendein anderer Ort – nur Potsdam ausgenommen – mit der Lebens- und
Erinnerungsgeschichte König Friedrich Wilhelms I. verwachsen“. Hier exerzierte er seine
Leibkompanie und hier fanden „die weidmännischen Festlichkeiten statt, die Wusterhausen recht eigentlich zum Jagdschloss par excellence erhoben“. – Während der Jagdsaison fanden traditionell zwei herausragende Feste statt: Der Tag der Schlacht bei Malplaquet, am 11. September 1709 und der Hubertustag am 3. November, der das Ende der Wusterhausener Saison einläutete. Lediglich am 3. November 1730 fiel das Hubertusfest aus, weil am 28. Oktober das Kriegsgericht im Schloss Cöpenick
zusammen trat, um über Kronprinz Friedrich und seinem Freund Katte zu befinden.
Der Fluchtversuch seines Sohnes traf den König zutiefst, als dass
ihm danach noch der Sinn nach Lustbarkeiten dieser Art stand.

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Schloss Königs Wusterhausen

Doch steht Wusterhausen auch für familiäre Tragödien, Hof- und
Heiratsintrigen. Die jahrelang von der Königin favorisierten „Englischen
Heiratspläne“, nach denen Prinzessin Wilhelmine den Prince of Wales und Kronprinz
Friedrich Prinzessin Amalie von Britannien heiraten sollte, wurden von den engsten Ratgebern
und Vertrauten des Königs im Interesse des Wiener Hofes hintertrieben. Die in
dieser Frage von beiden Seiten geführten Intrigen rüttelten am häuslichen Frieden und
führten zu den heftigsten Zornesausbrüchen des Vaters. Prinzessin Wilhelmine schreibt in
ihren Memoiren: „In Berlin hatte ich das Fegefeuer, in Wusterhausen
aber die Hölle zu erdulden“. Der jährliche Aufenthalt während der Jagdsaison in diesem für
sie finsteren und gespenstischen Schloss lastete offenbar wie ein Alp auf ihr.
In der Beschreibung des Schlosses berichtet sie verbittert: „Das Hauptgebäude war
von einer Terrasse umzogen, und ringsum war ein Graben angelegt, dessen
stagnierende schwärzliche Flut an die des Styx erinnerte“ (…)“ und weiter: „Dieser Hof
war von einer Palisade eingezäunt, an deren Eingang man zwei weiße und zwei schwarze
Adler sowie zwei Bären als Wächter angekettet hatte, sehr bösartige Tiere  (…).
Meine Schwester und ich waren mit unserem ganzen Gefolge auf zwei Zimmer angewiesen
oder, besser gesagt, zwei Dachstuben.“

Fontane fand bei seinem Besuch (1862) von diesen Schrecknissen
nichts mehr vor. Der Graben war zugeschüttet, die Palisaden ebenso wenig
vorhanden wie die Bären und Adler. Doch fand er noch jene Dachkammern vor, „deren Türen,
etwa in Mittelhöhe (mutmaßlich des besseren Luftzugs halber) kleine
Gitterfenster haben, infolgedessen die Zimmer aussehen wie Gefängniszellen. Es sind
dies sichtlich dieselben Räume, darin die Prinzessinnen schlafen mussten, wenn sie nicht
in den kleinen Giebelstuben untergebracht wurden“.

Man betritt das Schloss durch den Turmeingang und gelangt
zunächst in den unteren Flur. Dort nehmen fünf kapitale Rothirschgeweihe unsere Aufmerksamkeit
in Anspruch. Sie stammen vermutlich noch aus der Zeit Friedrich Wilhelms I.
Möglicherweise zierte einst hier auch das Geweih des berühmten  Riesenhirsches
den Raum, das der König an August den Starken gegen eine Kompanie „Langer
Kerls“ eingetauscht haben soll. Heute erinnert nur noch ein Gemälde an
den Sechsundsechzigender, der von Kurfürst Friedrich III. 1696 erlegt wurde. – Unter den
bilderreichen Räumen des Hochparterres befindet sich das Empfangszimmer des Königs mit dem beeindruckenden Kreuzgratgewölbe. Unter den
Bildnissen dieses Raumes befinden sich neben einem Selbstbildnis des Königs und
einem Gemälde seiner vier Söhne drei mit zeitgenössischen Jagdszenen.
Als weitere Einrichtungsgegenstände seien noch ein Schreibschrank und zwei
Kommoden aus dem 18. Jahrhundert angeführt.

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Schlafkammer des Königs

An diesen Raum schließt sich die kleine Schlafkammer Friedrich Wilhelms I. an. Sie entspricht der Breite des erkerähnlichen Hausvorsprungs rechts neben der Frontseite des Hauses, dessen unteres Fenster die Kammer markiert (s. Foto). In einer Wandnische derselben ist noch ein Teil des legendären Waschbeckens zu sehen. Fontane, der es noch vollständig sah, verglich es mit „einem festgemauerten Abgußstein, wie er vormals in Landküchen üblich
war“. Ob der König es bis zu zwanzigmal am Tage benutzt haben sollte, mag
dahingestellt bleiben. Eines der hier befindlichen Bilder zeigt die Mutter
Friedrich Wilhelms, Sophie Charlotte, vom König 1737 nach einem Original von
Weidemann kopiert. In dem anschließenden Festsaal wurde
jährlich das Hubertusfest (3. November) und der Tag von Malplaquet (11. September) nach des Königs Art
gefeiert. Der Kamin in der Raumecke ist mit einer eisernen Kaminplatte
versehen, die das kurbrandenburgische Wappen (um 1690) trägt.

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Vom König gemalte Bilder im Festsaal

Von besonderem Interesse sind jedoch die Gemälde von des Königs eigener Hand. Obwohl es sich ausschließlich um Kopien handelt, lassen einige ein nicht geringes Talent für diese Kunstform erkennen. Fontane erwähnt sie etwas abwertend als „ jene Kunstübungen, deren bekannte Resultate die Inschrift tragen: in tormentis pinxit“; meist wurden sie jedoch mit den Buchstaben F W R und der jeweiligen Jahreszahl signiert. Sie entstanden auf Schloss Kossenblatt
zwischen 1735 und 1739, wohin sich der von Gicht und Wassersucht geplagte König während
seiner letzten Lebensjahre mehrfach zurückzog. Diese Bilder gelangten später
nach Königs Wusterhausen. –

Auf der linken Seite des unteren Flures liegen die Räume der Königin. Im Schlafgemach erregt ein Sofa unser besonderes Interesse, weil es
noch aus dem Besitz der Königin stammen soll. Darüber hängen drei
Familienbilder. Ein weiteres Gemälde stellt das ganzfigurige Porträt der Königin dar. Links
über dem Kamin sorgt ein Medaillon, die „Toilette der Venus“ für ein
anspruchsvolleres Ambiente. Ein weiteres Medaillon, das „Fest der Flora“, schmückt das anschließende
Empfangszimmer der Königin. Beide Reliefs dürften zur ursprünglichen
Einrichtung der Gemächer gehören. Schon Fontane erwähnte sie und fand sie wunderlich
genug neben dem „Waschtrog mit steinernen Stöpsel“.

Nun führt der Weg über die Wendeltreppe in den oberen Flur. An den Wänden grüßen eine Reihe stattlicher Hirschtrophäen, die aus dem Besitz Kaiser
Wilhelms II. stammen. Im Raum gleich rechter Hand befindet sich die so
genannte Offiziersgalerie. Sie zeigt in dichter Hängung 48 Porträts von Offizieren aus dem von Friedrich Wilhelm als Kronprinz geführtem Regiment. Daran schließt sich das legendäre „Tabakskollegium“ an. Die Ähnlichkeit dieses Raumes mit dem uns bekannten, um 1737 entstandenen gleichnamigen, Gemälde ist verblüffend. In einer Wandnische hängt das Spottbild auf Jakob Paul Freiherr von Gundling, auf den sich allabendlich in beschämender Weise der Hohn der königlichen Gesellschaft entlud. Ein besonderer Blickfang ist die große Münzkanne mit Zapfhahn. Sie ist eine Leihgabe der Stiftung „Haus Doorn“ aus den Niederlanden. – Die übrigen Räume dieser Etage dienten als Logierzimmer; unter den darin ausgestellten Bildern verdient das Peters des Großen Beachtung.

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Das Tabakskollegium in Wusterhausen

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Münzkanne im Tabakskollegium

In dem sehr lesenswerten Roman Der Vater fasst
Jochen Klepper das Schloss und seine Bewohner mit wenigen Sätzen zusammen: „Wunderlicher als der Herr auf Wusterhausen hat wohl nie ein König Hof gehalten: Ein Saal mit Geweihen und Jagdemblemen; eine Tabakstube, in dem sich das Tabakskollegium versammelte, – es war zugleich das Speisezimmer der Familie; zwei Räume für die Königin; ein paar enge Kammern für die Kinder und die viel zu vielen Gäste. Dem König genügte ein schmales Gelaß mit einem großen steinernen
Waschtrog für ihn selbst“.

Etwa 10 km von Königs Wusterhausen entfernt liegt Mittenwalde. Ein etwas abgelegener Ort, „der Anspruch hat auf einen Besuch in seinen Mauern“, bemerkt Fontane. Seine Geschichte weist weit bis ins Mittelalter zurück; ins Bewusstsein der Gegenwart gelangte der Ort jedoch erst nach dem Dreißigjährigen Krieg in der Person Paul Gerhardts (1607 – 1676), der von 1651 bis 1657 Probst in Mittenwalde war. Die Kirche ist wieder hergestellt und mit einem neuen Dach
versehen. Auf dem Kirchhof steht seitlich vom Turm die Bronzestatue Paul
Gerhardts.

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Kirche St.Moritz Mittenwalde

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Dreiflügelaltar in St. Moritz

Die Seitenschiffe sind durch Pfeiler, die ein Sterngewölbe
tragen, von dem Mittelschiff getrennt. Sehenswert ist der Flügelaltar mit Bildnissen aus der Malerwerkstatt Lucas Cranachs. Darunter befindet sich die Predella mit der Darstellung des Antlitzes Christi mit der Dornenkrone nach dem mystischen Abdruck auf dem Schweißtuch der hl. Veronika; es mag Paul Gerhardt zu dem Lied „O Haupt voll Blut und Wunden“, das in seiner Mittenwalder Zeit entstand, inspiriert haben. Eigenartig ist auch der Chorumgang mit den Stühlen der Innungsmeister, von denen jede Rückenlehne das jeweilige Zunftemblem trägt. Neben einigen Grabsteinen vermag auch ein kleines Täfelchen den Betrachter zu rühren. Es gilt dem Gedächtnis der „Maria Elisabeth – Pauli Gerhardts (…) und Anna Maria Bertholds erstgebohrnes herzliebes Töchterlein,
so zur Welt kommen den 19. Mai Ao. 1656 und wieder  abgeschieden den 14.
Januar Ao. 1657 – hat allhier ihr ruhebettlein und dieses Täfflein Zum
Gedächtnüß von ihren lieben Eltern. Genesis 47. V. 9: Wenig und böse ist die Zeit
meines lebens“.

Paul Gerhardt gilt als der größte Liederdichter seiner Zeit,
dessen Lieder heute noch einen beträchtlichen Teil des evangelischen Gesangbuches
ausmachen. Seine Dichtungen zeugen von überzeugter Glaubenszuversicht und
unendlichem, frohen Gottvertrauen, mit denen er Gram, Not und Betrübnis, die ihm und
seiner jungen Familie in der Mittenwalder Zeit reichlich zu Teil wurden,
überwand. Paul Gerhardts Liedtexte, die Fontanes spürbare Anteilnahme für diesen von ihm
hochgeschätzten Liederdichter weckten, waren Anlass für das feine Charakterbild,
das er von ihm zeichnete. Und so schließt er das Kapitel Mittenwalde mit
den Worten: „Wer reist nach Mittenwalde? – Tausende wallfahren nach Gohlis, um
das Haus zu sehen, darin Schiller das Lied „an die Freude“ dichtete. Mittenwalde
besucht niemand, und doch war es in seinem Probstei-Garten, dass ein anderes,
größeres Lied an die Freude gedichtet wurde, das große deutsche Tröstelied: „Befiehl Du Deine Wege“. –

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Gedenktafel für Paul Gerhardts Töchterchen

„Paul Gerhardt ist unbestritten der Glanzpunkt in der Geschichte Mittenwaldes, aber es hat der historischen Erinnerung auch noch andere“. Fontane führt dazu Kronprinz Friedrich an, der am 31. August 1730 unter „starker Bedeckung, von Wesel aus, über Treuenbrietzen (…) in Mittenwalde eintraf, um daselbst, vor seiner Abführung nach Küstrin, ein erstes Verhör zu bestehen“. Der Kronprinz verblieb dort bis zum zweiten September.

Als nächste historische Persönlichkeit nennt Fontane den Major von York, der von König Friedrich Wilhelm III. zum Kommandeur des in
Mittenwalde stehenden Jägerregiments ernannt wurde. Am Sylvesterabend 1799
traf York in Mittenwalde ein. Er blieb dort mit seinem Regiment sechs Jahre,
bis er 1805 den Befehl erhielt, mit vier Kompanien nach Ostpreußen abzurücken. –
Der 1812 von Napoleon geführte Feldzug gegen Russland endete mit dem völligen
Untergang des französischen  Expeditionscorps. Doch verfügte Napoleon in
Preußen immer noch über eine Reihe gut ausgebauter Festungen, die eine Erhebung
Preußens, das zwangsweise mit Napoleon im Bündnis stand, höchst riskant erscheinen ließ.
Der König, der diese Allianz deshalb einging, um Preußen vor noch größeren
Repressalien zu bewahren, wurde von den Franzosen misstrauisch beäugt und die Verbindungen
zu seinen preußischen Kommandeuren streng kontrolliert. York, der sich dessen bewusst
war, schloss in dieser für den weiteren Kriegsverlauf entscheidenden
Situation eigenmächtig mit seinem russischen Gegenüber die in die Geschichte eingegangene „Konvention
von Tauroggen“ ab und leitete damit die Befreiungskriege gegen
Napoleon ein. York war sich bewusst, dass dieser Schritt Hochverrat bedeutete, solange der König mit Napoleon im Bündnis stand. In seinem letzten Schreiben vom 27. Dezember 1812, also noch vor Abschluss der am 30. Dezember 1812 geschlossenen Konvention, lässt er den König wissen: „(…) handle ich Unrecht, so werde ich meinen alten Kopf ohne Murren zu Ew. Majestät Füßen legen; und der Gedanke, mir vielleicht die Unzufriedenheit Ew. Majestät zuzuziehen, macht mich sehr unglücklich, über alles Übrige bin ich einig mit
mir selbst“. –

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Eingang zum Hotel York

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