Vortrag von Dr. Jana Kittelmann beim Fontane-Kreis Leipzig:
„Eine Dame von Welt“ – zur Figur der Fürstin Carolath in Fontanes Schach von Wuthenow
Text: Uta Beyer
Zum Vortrag von Dr. Jana Kittelmann, Berlin, lud am 16. April der Fontane-Kreis Leipzig in die Stadtbibliothek ein. Unter dem Titel „Eine Dame von Welt – zur Figur der Fürstin Carolath in Fontanes Schach von Wuthenow“ präsentierte die eingeladene Referentin dem Leipziger Publikum Ergebnisse ihrer Erschließungstätigkeit für die Stiftung Fürst-Pückler-Museum – Park und Schloss Branitz, die sie in eine weiterführende Editionsarbeit und in die Pückler-Forschung überführt, sowie dabei auch in Verbindung zum Werk Theodor Fontanes gebracht hat.
In einen konkreten Zusammenhang mit Fontanes Schach von Wuthenow, der bei Wilhelm Friedrich 1883 in Leipzig erschienen war, und Realhistorisches in die Fiktionalität der Erzählung einwebt, gerät die Fürstin in den Kapiteln Im Tempelhof und „Es muß etwas geschehn“. Selbst kannte der Schriftsteller die Briefe Adelheids nicht und so bleiben auch die konkreten Textstellen bei Fontane, wenn auch feinsinnig Hintergründe auf die Schönheit der Fürstin verweisend, geringfügig.
Im Rahmen einer Ausstellung, die bis Ende März auf Schloss Branitz, wohin mit dem Familienarchiv auch der autographe Nachlass der Genannten als Dauerleihgabe 2009 gelangt war, gezeigt werden konnte, hatte Jana Kittelmann die umfangreiche Nachlasskorrespondenz wissenschaftlich aufgearbeitet und der Öffentlichkeit erstmalig auch über Begleitpublikationen zugänglich gemacht. Bekannt wurden dadurch auch die Begegnung der Fürstin Carolath mit dem Dichterfürsten Goethe und ihre Verbindung zu Rahel Varnhagen, in deren Briefen sie Erwähnung findet.
In den Mittelpunkt ihrer aus den Archivarbeiten erwachsenen Forschung stellte Dr. Kittelmann auch heute den umfangreich vorgefundenen Briefverkehr, der von den „Herrinnen des Terrains“, so der Titel des geförderten Projekts, Fürstin Lucie von Pückler-Muskau (1776–1854) und Adelheid von Carolath-Beuthen (1797–1849) in 1.490 Briefen über 30 Jahre hinweg geführt worden war. Dieser wiederbelebte Frauenbriefwechsel vergegenwärtigt eine seltene, bislang kaum bekannte fernschriftliche Unterhaltung zwischen einer Mutter mit ihrer Tochter aus dem 19. Jahrhundert, neben deren raumzeitlich zerdehnten Kontakt über Alltägliches, so die Vermittlung von Milchbreirezepten, zugleich die wechselartige Gattung des Briefs zum Medium literarischer Bestrebungen getreten war.
Im Besonderen die Tochter-Briefe, so konnte die Vortragende an Textbeispielen belegen, weisen eine literarische Fertigkeit zeitgenössischen weiblichen Schreibens auf und verbinden auf dem mitunter Rand beschriebenen Briefpapier den stilübenden Brieftext der zugleich kunstbegabten Epistolographin mit Skizzen der Landschaftsmalerin und Gartengestalterin zu einer eigenartigen Schriftbildlichkeit. In die Briefbögen eingeschlossen finden sich zudem nicht selten Beigaben wie getrocknete Blumen, auch Haarlocken der nicht zuletzt von Theodor Fontane als schön angesehenen, zur Nebenfigur seines Schaffens erwählten Adelheid von Carolath-Beuthen, die ihre Briefschaften selbst als veröffentlichungswürdig angesehen haben will.