Call for papers: „Wie immer Ihr Th. F.“ – Theodor Fontanes Briefe im Kontext

Gemeinsame Tagung des Theodor-Fontane-Archivs und der Theodor Fontane Gesellschaft e.V. veranstaltet in Kooperation mit der Universität Potsdam, Institut für Germanistik

17. bis 19. September 2014
Potsdam

Neben den Romanen gelten die Briefe als „zweite Säule von Fontanes schriftstellerischer Arbeit“ (H. Nürnberger). Tatsächlich ist das ‚Briefwerk‘ untrennbar mit Fontanes Gesamt-Œuvre verbunden und Teil seiner literarischen Produktion. Er selbst hat den Brief als ‚Stylübung‘ begriffen und als Kunstform, die auf einen bestimmten Adressaten oder Adressatenkreis zielt und demnach auch Öffentlichkeitscharakter besitzt. Schon Fontanes Nachkommen und die von ihnen eingesetzte Nachlasskommission haben diesem Öffentlichkeitscharakter Gewicht beigemessen und 1905 zuerst Familienbriefe, 1910 dann Freundesbriefe herausgegeben. Die Briefbände stießen auf lebhaftes Interesse, noch bevor das literarische Werk kanonisch geworden war. Stellvertretend dafür kann Thomas Manns Ausruf von 1910 stehen: „Sind noch mehr da? – Man soll sie herausgeben!“ Nicht zuletzt waren es Briefe – die an Georg Friedlaender –, deren Veröffentlichung 1954 die sogenannte ‚Fontane-Renaissance‘ eingeleitet hat.

Seither sind über 40 Fontane-Briefausgaben erschienen, und es liegen etwa 5000 Fontane-Briefe publiziert vor. Mit ca. 2500 kommentierten Schreiben stellt die 1994 abgeschlossene ‚Hanser-Ausgabe‘ immer noch die größte Fontane-Briefsammlung dar. Im Zuge der editorischen Arbeit ist in den Jahrzehnten der Fontane-Forschung auch ein Spezialwissen um Fontanes Briefkunst und Korrespondenzweise erarbeitet worden, das in Aufsätzen innerhalb der Editionen, Zeitschriften- und Handbuchbeiträgen sowie einer Anzahl literaturwissenschaftlicher Studien vorliegt. Das beweist einerseits das anhaltende Interesse an der Fontane’schen Korrespondenz, anderseits deutet es auf einen Missstand hin: Eine kritische Gesamtausgabe der Briefe von und an Fontane fehlt, und das Spezialwissen liegt verstreut.

Nachdem eine vom Theodor-Fontane-Archiv im Herbst 2013 ausgetragene Tagung sich auf die Frage der Edition von Fontanes Briefen konzentriert hat, will die nun gemeinsam vom Theodor-Fontane-Archiv und der Theodor Fontane Gesellschaft veranstaltete Tagung den thematischen Fokus erweitern und Perspektiven für die künftige wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Fontanes Briefen aufzeigen. Eine kritische Kontextualisierung verspricht dabei einen erheblichen Erkenntniszugewinn, weil Fontanes Briefe nicht nur als Quelle für die Biographie dienen oder Auskunft über die Werkentstehung geben, sondern auch im Zusammenhang der allgemeinen Briefforschung von Belang sind. Folgende Fragen und Aspekte sollen in den Sektionen der Tagung berücksichtigt werden:

1. Brief-Gespräch
Die traditionelle Definition des Briefes als eines ,Gesprächs unter Abwesenden‘ verweist auf die kommunikative Situation, in der Korrespondenten stehen. Doch ebenso alt ist die Erkenntnis, dass Briefe oftmals nicht dem intersubjektiven Austausch, sondern einer monologischen Selbstvergewisserung dienen. Wie verhält es sich in dieser Hinsicht mit Fontane? Beachtung finden sollen in diesem Zusammenhang auch die lange Zeit vernachlässigten nicht-textuellen Anteile der Briefe, wie das Material des Textträgers oder das Schriftbild.

2. Brief-Werk
Fontanes Briefe stehen nicht unabhängig neben seinem literarischen und journalistischen Schaffen. Wie aber stellt sich der Zusammenhang von Brief und Werk konkret dar? Von besonderem Interesse ist hier die sprachliche wie inhaltliche Nähe zu anderen kleinen Formen, beispielsweise dem Essay oder der Rezension.

3. Brief-Kultur
Technisch-logistische Veränderungen haben im Laufe des 19. Jahrhunderts die briefliche Kommunikation ebenso nachhaltig beeinflusst wie politische Entscheidungen. Zu denken ist etwa an die Erfindung einer Maschine zur Herstellung von Briefumschlägen oder an die Einführung eines einheitlichen Portos für Standardbriefe. In welchem Verhältnis steht Fontanes Korrespondenz zur Briefkultur seiner Zeit? Welche Veränderungen der Postpraxis lassen sich an ihr ablesen – oder eben gerade nicht?

4. Brief-Genres
Welcher Briefgenres hat sich Fontane bedient? Wie lassen sich seine Briefe nach inhaltlichen (Familienbriefe, Verlagskorrespondenz …) oder formalen Kriterien (amtliche Schreiben, Postkarten …) typologisieren? In diese Untersuchung einbezogen werden sollen auch Briefe „in uneigentlicher Verwendung“ (R. Nickisch), beispielsweise die fiktiven Schreiben in Fontanes Romanen und Kriegsbüchern.

5. Brief-Edition
Die Edition der Briefe Fontanes hat eine wechselvolle Geschichte, mit deren Aufarbeitung gerade erst begonnen wurde. Die kritische Auseinandersetzung mit bisherigen Ausgaben soll im Hinblick darauf geführt werden, künftige editorische Bemühungen zu befördern. Zu fragen wäre auch, wie und welche Editionen die Fontane-Rezeption (und nicht nur die Rezeption seiner Briefe) geprägt haben.

Vortragsvorschläge werden bis zum 30. März 2014 erbeten. Bitte senden Sie ein Abstract (ca. eine halbe Seite) an die beiden folgenden E-Mail-Adressen:

Dr. Hanna Delf von Wolzogen (Leiterin des Theodor-Fontane-Archivs, Potsdam):
hanna.delfvonwolzogen@uni-potsdam.de

Prof. Dr. Roland Berbig (Stv. Vorsitzender der Theodor Fontane Gesellschaft, Institut für Germa-nistik der Humboldt-Universität zu Berlin):
roland.berbig@rz.hu-berlin.de

Den Vortragenden werden wir die Kosten für Reise und Unterkunft erstatten. Eine Publikation der Beiträge ist vorgesehen. Für etwaige Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Theodor Fontane Gesellschaft e.V.
Am Alten Gymnasium 1-3
D – 16816 Fontanestadt Neuruppin
Telefon  03391-65 27 72
Telefax  03391-65 27 73
fontane-gesellschaft@t-online.de
www.fontane-gesellschaft.de

Theodor-Fontane-Archiv
Große Weinmeisterstr. 46/47
D – 14469 Potsdam
Telefon  0331-20 13 96
Telefax  0331-20 13 970
fontanearchiv@uni-potsdam.de
www.fontanearchiv.de

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