Schottland-Reise auf Fontanes Spuren „Jenseit des Tweed“ vom 06.06. bis 15.06.2017

Anlass unserer Busreise war die zweitägige Fontane-Tagung der Universität St Andrews, die wir mit Fontanes Schottlandreise von 1858 verbinden wollten. So dienten seine Reiseberichte und Briefauszüge, die wir unterwegs im Reisebus und vor Ort vortrugen, der Information und dem Vergleich mit der Gegenwart. – Obwohl wir sehr früh in Berlin starteten, erreichten wir  nach vielen verkehrstechnischen Hindernissen Amsterdam erst kurz vor Abfahrt der Fähre. Bei Windstärke von 8 bis 9 erfolgte dann die Überfahrt nach Newcastle. Von dort fuhren wir zum Flodden Battlefield, wo die Schotten 1513 den letzten großen Kampf gegen die Engländer verloren. „Der Tag von Floddenfield war der eigentliche Sterbetag Schottlands“ (Fontane). An Edinburgh vorbei fuhren wir nach Kinnross und setzten bei herrlichem Wetter mit dem Boot über zum Loch Leven Castle, wo Maria Stuart 1567 gefangen gehalten wurde. Unser Tagesziel war natürlich St Andrews, die malerische Kleinstadt an der Ostküste Schottlands. Sie wurde 1620 zur königlichen Stadt erkoren und ist vor allem für ihre traditionsreiche Universität und als Heimat des Golfsports berühmt. Die 1413 gegründete Universität ist die älteste Universität Schottlands und drittälteste Großbritanniens. Sie gilt bis zum heutigen Tag zusammen mit Oxford und Cambridge als eine der Elite-Universitäten des Vereinigten Königreichs.

Am nächsten Tag nahmen wir 22 Reisende mit weiteren Gästen an der wissenschaftlichen Tagung „Der Fontane Ton: Stil im Werk Theodor Fontanes“ teil. Die Universität St Andrews hatte dazu unter Federführung von Dr. Andrew Cusack und Dr.Michael White vom dortigen „Department of German“ 12 Referenten aus Deutschland, der Schweiz und Großbritannien eingeladen. Zur Erinnerung: St Andrews hat die erste monographische Studie zu Fontane verfasst. Die Tagung fand in der ehemaligen „Parliament Hall“ statt und wir erlebten interessante und anregende Beiträge aus der Fontaneforschung. Gekrönt wurde dieser Tag dann noch durch das festliche Abendessen in der “College Hall“, einem historischen Festsaal der Universität. Am folgenden Tag mussten wir leider nach dem Mittagsimbiss die Tagung verlassen, da unser Reise-Pensum drängte. Wir fuhren an der Bridge of Tay vorbei nach Perth, wo John Knox 1559 mit seiner Predigt die schottische Reformation auslöste und worüber Walter Scott seinen Roman „Das schöne Mädchen von Perth“ schrieb.

Die „schönen Mädchen“ von Perth

Anschließend besuchten wir Scone Palace, den alten Sitz der Könige Schottlands. An Blair Castle vorbei fuhren wir in die Highlands. Nach einer Übernachtung in Newtonmore besichtigten wir Culloden-Moor, „das berühmte Schlachtfeld, auf welchem die Stuarts, nachdem sie dreimal den Versuch ihrer Wiedererhebung gemacht hatten, endlich für immer unterlagen.“ Nach einem kurzen Stadtgang in Inverness –   durch Victoria Market und auf die ehemalige Burgstätte, wo einst König Duncan I. und Macbeth stritten –, fuhren wir mit dem Bus entlang des Kaledonischen Kanals und mit dem Schiff auf dem Loch Ness zum malerisch gelegenen Urquhart Castle, eine ruinöse aber beeindruckende Festung. Unsere Busreise führte danach weiter über Fort Augustus mit seiner Schleusentreppe nach Oban an die Westküste Schottlands.

Am nächsten Tag setzten wir mit der Fähre über zur Insel Mull, die wir von Ost nach West durchquerten. Unterwegs erfuhren wir, dass wir unser ersehntes Ziel, die Basaltinsel Staffa, wegen zunehmenden Windes und Regens leider nicht anfahren können. So blieben wir länger auf der geschichtsträchtigen Hebriden-Insel Iona. Hier landete 563 der irische Mönch Columban mit seinen Gefährten und brachte das Christentum nach Schottland. Iona war Begräbnisstätte der frühen Könige von Schottland, hier ruhen auch König Duncan und sein Mörder Macbeth. Am folgenden Tag reisten wir nach Stirling und Linlithgow. Stirling Castle imponiert durch seine Lage auf einem Felsenhügel und durch seine reiche Geschichte. Mehrere Schlachtfelder, u. a. „jenes Feld von Bannockburn, das noch jetzt in Liedern klingt“, liegen im Umfeld. Unweit des Schlosses befindet sich „The Church of Holy Rude“, eine der schönsten mittelalterlichen Kirchen Schottlands. 1543 wurde hier die neun Monate alte Maria Stuart zur Königin gesalbt. Als sie 1567 abdanken musste, wurde ihr einjähriger Sohn unter dem Namen Jakob VI. ebenfalls in dieser Kirche durch John Knox zum schottischen König gekrönt. – Schloss Linlithgow ist der Geburtsort von Maria Stuart. Die gut erhaltene, vierflügelige Schlossruine besitzt im Hof einen sehenswerten, figurenreichen Brunnen und bietet vom Margareten-Turm eine weite Sicht in das Umland. Ziel des nächsten Tages war Edinburgh. Mit ca. einer halben Million Einwohner ist es Schottlands zweitgrößte Stadt und Sitz des Schottischen Parlaments. Natürlich waren wir im Holyrood Palace, liefen die Royal Mile entlang zum John Knox House, zur St Giles´ Cathedral, zum Midlothian Mosaik und schließlich zum Edinburgh Castle. Alles war sehr beeindruckend und geschichtsträchtig, es hier zu beschreiben, würde den Rahmen sprengen.

– Unser Rückreisetag begann mit einem Besuch im Walter Scott House in Abbotsford. Das direkt am Tweet gelegene Anwesen wird von einem gemeinnützigen Trust verwaltet, der die Ausstellung übersichtlicher gestaltete als Fontane sie nach seinem Besuch 1858 beschrieb. Die deutschsprachige Führung durch Abbotsford House&Garten wird uns in guter Erinnerung bleiben. Von dort war es nur ein kurzer Weg nach Melrose. „Melrose war ein Zisterzienser-Kloster und größer, reicher, schöner als irgendeine andere Abtei im Lande.“ Das mehrmals zerstörte Kloster ist umgeben von einem alten Friedhof und hat seinen besonderen Reiz bewahrt. „Und willst du des Zaubers sicher sein, so besuche Melros‘ bei Mondenschein;

die goldne Sonne, des Tages Licht, die passen zu seinen Trümmern nicht“, dichtete einst Theodor Fontane. Wir aber mussten weiterfahren zur Fähre, die uns von Hull nach Rotterdam brachte. Die Busfahrt nach Berlin wurde durch zahlreiche Baustellen und zu viele Lastwagen behindert! Wir erreichten unser Ziel mit Verspätung, aber auch mit vielen eindrucksvollen Erlebnissen, begleitet von Fontane-Texten aus „Jenseit des Tweet“.

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