Fontane-Kreis Leipzig: Der Frauentyp bei Henrik Ibsen, Gerhart Hauptmann und Theodor Fontane

Fontane-Kreis Leipzig: Die Sehnsucht der „nervösen Frauen“ – die Sehnsucht nach „nervösen Frauen“: der Frauentyp bei Henrik Ibsen, Gerhart Hauptmann und Theodor Fontane

Vortrag von Prof. Dr. Rüdiger Bernhardt

Text: Matthias Grüne
Foto: Petra Hesse

IMG_3872Zur letzten Veranstaltung vor der Sommerpause lud der Fontane-Kreis Leipzig am 25. Juni 2014 zu einem Vortrag „Die Sehnsucht der nervösen Frauen – die Sehnsucht nach nervösen Frauen“ mit Prof. Dr. Rüdiger Bernhardt in die Leipziger Stadtbibliothek ein und konnte dabei auch Gäste aus Dresden, Gera, Halle, Walbeck und Zürich begrüßen.

Es zählt zu den Besonderheiten von Fontanes Werkbiographie, dass er als Romancier im fortgeschrittenen Alter auch von der nachrückenden Generation akzeptiert und geschätzt wurde. Diesen Umstand hat Prof. Dr. Rüdiger Bernhardt zum Anlass genommen, der Verwandtschaft zwischen Fontane und den sogenannten Naturalisten in einem Vortrag auf den Grund zu gehen. Im Mittelpunkt seiner informativen und kurzweiligen Ausführungen stand dabei der Typus der ,nervösen Frau‘, der in der Literatur der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts fast schon allgegenwärtig ist. Wie der Referent verdeutlichen konnte, bildet sich dieser Typus auf der Schnittstelle gleich mehrerer Diskurse heraus: Medizinische Entdeckungen, ein gewachsenes Bewusstsein für die Vorgänge des Unterbewusstseins, der Wandel im Geschlechter- und Frauenbild ebenso wie die Reflexion subtiler gesellschaftlicher Zwangsverhältnisse können zur Erklärung für die literarische Popularität der hyperempfindlichen Frau herangezogen werden. Zwischen femme fatale und femme fragile pendelnd, muss sie dabei nicht zuletzt auch als eine Projektion männlicher Sehnsüchte und Ängste verstanden werden. Aus dem Vortrag ging hervor, dass Fontanes Texte wie die der Naturalisten die Vorliebe für diesen Frauentyp teilen. Aufschlussreich war hier besonders der Vergleich zwischen Henrik Ibsens Ellida, der Hauptfigur aus dem Drama Die Frau vom Meer (1888), und Fontanes Effi Briest. In diesem Fall sind die Parallelen allerdings nicht nur mentalitätsgeschichtlich begründet. Denn Fontane schätzte Ibsens Drama und erhielt daraus, wie der Referent eindrucksvoll aufzeigen konnte, wertvolle Anstöße für seinen sechs Jahre später erschienenen Roman.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.