„Brief aus Berlin“ (26): Luise, Königin der Herzen

Die „Briefe aus Berlin“ erscheinen in den „Mitteilungen“ der Fontane Gesellschaft und werden auf der Website ebenfalls zugänglich gemacht.

Luise, Königin der Herzen

von Georg Bartsch

Seit dem letzten Jahr ist das restaurierte Denkmal der Königin Luise im Tiergarten wieder zu sehen. Es steht auf der „Luiseninsel“. Diese wurde in einem Teil des Tiergartens, in dem die Königin gerne spazieren ging, 1809 zur Rückkehr des Königspaares aus dem Exil angelegt. Laut Fontane hat sich die Königin mal wie folgt geäußert: „Ich muß den Saiten meines Gemüts jeden Tag einige Stunden Ruhe gönnen…Am besten gelingt mir dies in der Einsamkeit; aber nicht im Zimmer, sondern in den stillen Schatten der Natur.“

Schon zu Lebzeiten war die Verehrung für Luise groß. Die Berliner nannten sie die „Königin der Herzen“, eine Bezeichnung, die auf Elisabeth Stuart, der „Queen of Hearts“ und „Pearl of Britain“, zurückgeht. (Auch Prinzessin Diana, die 1997 mit nur 36 Jahren starb und somit nicht viel älter wurde als Luise, erhielt diesen Beinamen.) König Friedrich Wilhelm II. hatte die 1793 stattfindende Hochzeit seines ältesten Sohnes mit Luise arrangiert, sein jüngster Sohn wurde mit Luises Schwester Friederike vermählt. Die beiden Schwestern wurden 1795 von Schadow in der berühmten Prinzessinnengruppe dargestellt, die in der Alten Nationalgalerie zu sehen ist. Luise war ihrem Mann nicht nur in tiefer Liebe verbunden, sie war ihm auch eine große Stütze in den Wirren der Napoleonischen Kriege.

1880 wurde das von Ermann Encke entworfene Denkmal der Königin Luise auf „ihrer Insel“ aufgestellt. Ursprünglich befand sich auf der Insel eine von Johann Gottfried Schadow entworfene Stele mit Marmorschale, die im laufe der Jahre verloren ging. Versunken, wie in sich gekehrt, blickt Luise nieder. Jenseits der Insel steht seit 1849 das Denkmal König Friedrich Wilhelm III, entworfen von Johann Friedrich Drake, in Blickrichtung zur Luiseninsel.

„Jetzt zwischen Link- und Eichhornstraße
mess’ ich meine bescheidenen Maße,
Höchstens bis Königin Luise
wag’ ich mich vor, umschreitend diese.“

So heißt es in Fontanes Gedicht Meine Reiselust. Fontane ging mit zunehmendem Alter und Ausbleiben größerer Reisen häufig im Tiergarten spazieren. Wie oft mag er hier gestanden haben? Und wenn er vorbeischaute an der Königin, sah er zwischen den Bäumen hindurch die Spitze der Matthäuskirche. Und wusste kurz dahinter „seine Dreitreppenklause hoch im Johanniterhause“ und dort seine Emilie, die für eine einladende Stube sorgte.

Königin Luise wurde nach ihrem frühen Tod 1810 auf Schloss Hohenzieritz unter großer Anteilnahme der Bevölkerung nach Berlin überführt. Das Denkmal auf dem Marktplatz (heute Schinkelplatz) von Gransee erinnert daran, dass der Sarg auf dem Weg nach Berlin hier für eine Nacht stand.

„O welche Reise!
Wie traurig leise
Durchzogen wir der schwarzen Fichten Nacht.
Es fielen unsre Tränen in den Sand;
Sie gab einst Schönheit diesem Land.“

Luisendenkmal in Gransee
Luisendenkmal in Gransee

Diese Worte Achim von Arnims stellt Fontane seinem Kapitel über das Luisen-Denkmal in Gransee voran. Zu dem Kult um die Königin schreibt Fontane: „Mehr als von der Verleumdung ihrer Feinde hat sie von der Phrasenhaftigkeit ihrer Verherrlicher zu leiden gehabt…Das Luisen-Denkmal zu Gransee hält das rechte Maß: es spricht nur für sich und die Stadt und ist rein persönlich in dem Ausdruck seiner Trauer. Und deshalb rührt es.“

Der König beauftragte Heinrich Gentz unter Mitwirkung von Karl Friedrich Schinkel im Garten von Schloss Charlottenburg ein Mausoleum zu errichten. Der Auftrag für eine Skulptur auf dem Sarkophag – und das war eine Sensation – wurde von Friedrich Wilhelm III nicht dem alten Schadow, sondern dem noch unbekannten Christian Daniel Rauch gegeben. Er war es auch, der 30 Jahre später die Skulptur für den Sarkophag des Königs schuf. So sind heute im Mausoleum zwei Meisterwerke von Rauch nebeneinander zu sehen, eines aus der frühen und eines aus der späten Phase seines Schaffens.

Johann Gottfried Schadow, dessen 250. Geburtstag wir dieses Jahr feiern, soll über seinen Schüler Christian Daniel Rauch gesagt haben: mein Werk ist in Rauch aufgegangen.

 

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