Text: Uta Beyer
Fotos: Monika Stoye
Zum 14. November 2012 hat der
Fontane-Kreis Leipzig Klaus-Peter Möller, Theodor-Fontane-Archiv Potsdam,
erneut nach Leipzig eingeladen. Möller, der bereits im Jahr 2005 Fontanes Selbstportraits
kritisch bespiegelte, 2007 „Theodor Fontane als Steuermann der Argo“ würdigte und wiederum zwei Jahre
später Fontanes Klassikergenese anhand der Editionsgeschichte, die vielfach
durch die Verleger des Autors mitbestimmt ist, rekonstruiert hat, unternahm
dieses Mal eine bilderreiche Wanderung durch die „Pflanzensymbolik in Theodor
Fontanes erzählerischen Werken“. Dazu durfte Monika Stoye, Leiterin des Fontane-Kreises Leipzig, sowohl den Fontane-Experten als auch das zahlreich
erschienene Publikum, darunter Mitglieder, die aus Sachsen-Anhalt angereist
waren, in der Adler Apotheke (Hainstraße)
begrüßen. Nachdem Monika Stoye die Apotheke als einen seltenen „echten Fontane-Ort“
hervorgehoben und Antje Bethmann sowie Ute Lösche für die neuerliche
Gelegenheit, sich an diesem Gedächtnisplatz der Lehrlingszeit Fontanes
versammeln zu dürfen, sehr herzlich gedankt hatte, überließ sie dem Referenten
das Wort. Dieser nahm sodann auf einen erzählerischen Streifzug
durch die belletristisch verwirkte Kräuterkunde über „Liebstöckel und Wacholder“
mit: Möller wies den botanischen Bezug in „Quitt“, „Irrungen, Wirrungen“, „Der Stechlin“
oder „Effi Briest“, „Cécile“ und „Vor dem Sturm“ an zahlreichen Beispielen auf
und kommentierte anhand von Abbildungen und Kräuter-Duftproben, die er durch
die Hände der Zuhörenden zirkulieren ließ, eine intertextuelle Verweisfunktion
der Kryptogame und Blütenpflanzen in Fontanes Texten, um so eine Leitmotivik in
der Romanlandschaft freilich nur aufscheinen lassen zu können, denn „keine
Pflanze ist Zufall“ (Fontane).
Die Apotheke als Erinnerungsort
aktivierte zunächst Gedanken an Theodor Fontanes kindliches Interesse für die
Pflanzenwelt, das sich später in seinem Beruf als Pharmazeut entfalten sollte, wenngleich
derselbe zu sagen pflegte: „Es war alles nur Durchschlupf, gerade so.“
Daraufhin entspann Möller einen
Dialog zwischen dem medizinisch-zeichenhaften Inventar des Apothekers, der „im
Schriftsteller aufgehoben geblieben“ sei und somit die Pflanzensymbolik als bedeutungsprägendes
Element in sein Romanwerk und in die Erzählungen einbringen konnte, und den
literarischen Stoffen. Mithilfe volksetymologischer Herleitungen, volkstümlicher
Definitionen aus dem „Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens“ und einem
Seitenverweis auf die noch heute gebräuchlichen Rezepte und konsultierten
Abhandlungen der Hildegard von Bingen, erörterte der Fontane-Wissenschaftler nachfolgend
die Charakteristika unterschiedlicher Geheimtinkturen, Liebestränke und
Fruchtbarkeitszauber, Allheilmittel und Hexengifte, die ihre exotischen Wirkweisen
nicht zuletzt aus den ‚attraktionellen‘ Benennungen wie Teufelsabbiss, Bettstroh
oder Unser lieben Frauen und Wohlverleih ableiten oder die Risiken
und Nebenwirkungen von der Dosierung des heilspendenden oder todbringenden Roten Fingerhut (Digitalis purpurea) abhängig wissen. So finden wir Versinnbildlichungen
in dem auf Licht hinzeigenden Heliotrop
aus der Gattung der Sonnenwenden, der im Gartenrondell von „Hohen-Cremmen“ Effis
Leben und Sterben bemisst, „während Botho seinen Immortellenkranz an den schon
vorher von Lene gebrachten anhing, den aus Immergrün und weißen Rosen aber um
den Geraniumtopf herumlegte“ (22. Kapitel).
Schließlich gilt gleichermaßen
für den romanliebenden Leser und für den Analyse-Fokus, „‚Auge und Liebe
gehören immer zusammen‘“, wie Lene Botho mit Blick auf die gepflückte
Butterblume auf „Hankels Ablage“ versichert. Botho jedoch bleibt dabei, er
verkennt die Blüte im Unkraut.
So kann am Ende der Standesunterschied
zwischen „Salat“ und „Bukett“ nicht überwunden werden. (11. Kapitel)